Remy - und das herrenlose Butterbrot


Hallo, ihr lieben Menschen überall. Mein Name ist REMY, und ich bin, wie ihr vielleicht erkennen könnt, eine große, schöne Herdenschutzhündin. Mich haben sie in jungen Jahren ausgesetzt, so dass ich einige Zeit als Straßenhund in Rumänien leben musste. Na ja, unbedingt toll war das nicht, aber ich war ja erst ungefähr drei Jahre alt, und irgendwie habe ich mich durchgeschlagen und mich schließlich zusammen mit einigen anderen Straßenhunden in der Nähe einer Schweinefarm, nicht weit von Cristian entfernt, angesiedelt. Die Besitzer der Schweinefarm fanden es nur leider nicht so toll, dass wir ständig dort herumgelungerten und haben Dr. Claudiu beauftragt, uns dort wegzuholen.

 

So landete ich schließlich im Tierheim von Dr. Claudiu in Cristian, was auch nicht unbedingt toll war, aber sich schließlich als ein großes Glück herausstellte. Zusammen mit meinen Freunden Nikki und Boris verbrachten wir im Tierheim den größten Teil des Tages damit, vor uns hin zu dösen. Eines Tages kamen dann die Leute vom Freundeskreis in unseren Zwinger und erklärten mir, dass ich ab jetzt ein Patenhund vom Freundeskreis sein darf und deshalb einen Namen bekomme. Sie haben mir dann den Namen REMY gegeben, weil der sowohl für einen Rüden als auch für ein Mädchen passen würde. Wegen meinem vielen Fell konnten sie nämlich nicht genau erkennen, was ich bin, und nachsehen lassen … oh nein, nicht mit mir!

 

Zum ersten Mal in meinem Leben hatte ich also einen Namen, und ich fand ihn richtig toll. Weil es lustig war, habe ich den Freundeskreis auch noch ein paar Monate „zappeln“ lassen, bevor ich mein Geheimnis gelüftet und mich als Mädchen zu erkennen gegeben habe. Und stellt euch vor, kaum war ich ein Patenhund mit einem schönen Namen, schon hat sich die liebe Rosi in mich verguckt und ist im Januar letzten Jahres meine Patin geworden. Neugierig und freundlich war ich ja schon immer, aber das mit dem Anfassen und Streicheln hat mich schon einige Überwindung gekostet. Und was soll ich euch sagen: Wenn man „den Dreh erst einmal raus hat“, gibt es kaum etwas Schöneres. Und eines Tages war es so weit, der Freundeskreis fand, dass es Zeit wäre, sich nach einem richtigen Zuhause für mich umzusehen. Sie haben mir noch erklärt, dass es sicher nicht so einfach werden würde, weil ich als Herdenschutzhund doch eine stattliche Größe hätte. Mir leuchtete das durchaus ein, und ich habe mich auf eine längere Wartezeit eingerichtet.

 

Aber stellt euch vor, was dann passiert ist: Sobald meine liebe Patin Rosi gehört hat, dass ich vermittelt werden kann, hat sie einen ganz lieben Brief an den Freundeskreis geschrieben und mir sofort einen Platz in ihrer Familie angeboten (einen Platz in ihrem Herzen hatte ich ja schon lange, den musste sie nicht mehr anbieten).

Und so kam es, dass ich Anfang Juni dieses Jahres mit klopfendem Herzen in den Reisebus kletterte und aus meiner Sicht einem ungewissen Schicksal entgegen fuhr. Woher sollte ich auch wissen, was ein Zuhause ist?

 

Und so geht es Remy heute

 

In Deutschland angekommen bin ich in Ettlingen. Außer Rosi und Bernd, meiner neuen Familie, war auch noch Elke vom Freundeskreis gekommen, um mich zu begrüßen. Das war toll, weil ich sie ja schon kannte. Anschließend bin ich mit meiner Familie in mein neues Zuhause gefahren. Ich wohne jetzt da, wo andere Leute Urlaub machen, in einem wunderschönen Höhenluftkurort im Südschwarzwald. Und was soll ich euch sagen, mein Garten ist riesig und der schönste Garten, den ich jemals gesehen habe (nicht, dass ich viele Vergleiche hätte), wunderbare Verstecke, viele Ecken, in denen man graben kann (ein Hochbeet sollte man aber lieber nicht umgraben, habe ich inzwischen gelernt) und ein Teich zum Baden und Wasser trinken. Den Garten habe ich sofort geliebt, während mir das Haus äußerst verdächtig war. Freiwillig habe ich in den ersten Tagen das Haus nicht betreten und Rosi und Bernd damit viel Nerven gekostet, die immer wieder versuchten, mich ans Haus zu gewöhnen. Eines Nachts habe ich es sogar geschafft, die Türfalle der Terrassentür so lange zu bearbeiten, bis sie aufging. Der Vorhang war dabei leider im Weg und hat meinen Ausbruch nicht überlebt.

 

Mit der Zeit wurde es aber viel, viel besser, und inzwischen kann ich die Annehmlichkeiten von meinem Zuhause sehr genießen. Als ich mich ein wenig eingelebt hatte, wurde mein Fell geschoren, damit die ganzen verfilzten Stellen verschwinden. Inzwischen ist mein Fell schon wieder überall wunderschön nachgewachsen.

Außer meinem Garten liebe ich Spaziergänge, Toben mit meinem Freund und Mitbewohner Micky und ausgedehntes Schmusen, immer und überall und möglichst lange. Rosi und Bernd sagen, sie hätten noch nie einen so verschmusten Hund wie mich gehabt. Und weil ich so ein tolles Mädchen bin, nennen sie mich ganz liebevoll REMILY. Meinen ersten gesellschaftlichen Auftritt hatte ich inzwischen auch schon, ich habe nämlich Mitte November am Infoabend vom Freundeskreis in Diersburg teilgenommen. Für diejenigen von euch, die da waren: Ich war die wunderschöne, große und brave Hündin ganz am Ende der Tischreihe. Ich finde, ich habe mich mustergültig benommen.

Was ich noch nicht erwähnt habe: Ich esse auch fürchterlich gerne, und zwar alles. Wenn ich Glück habe, finde ich ein herrenloses Butterbrot auf dem Tisch. Hey, was erwartet ihr? Ich war ein Straßenhund in Rumänien, da geht man nicht an einem unbeobachteten Butterbrot vorbei!

 

Mein Leben ist perfekt, so wie es ist. Wenn ich überhaupt einen klitzekleinen Kritikpunkt habe, dann ist es das immer viel zu kleine Wurst-Rädle, das mir Rosi und Bernd jeden Tag von ihrem Frühstück abgeben. Also ich finde, das müsste viel, viel größer sein für einen so großen Hund wie mich. Kann nicht vielleicht jemand von euch einmal mit den beiden reden?